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Veränderungen zeichnen sich im Cross ab:
Angriff der neuen Langstreckler-Generation
04.12.2000
Teamchef Lothar Hirsch ist bereit für den Schnitt. "Wir werden mit einer jungen Mannschaft zur Cross-Europameisterschaft fahren!" Wenn am kommenden Sonntag im Bulltofta-Erholungspark in Malmö die "7th European Cross Country Championships" gestartet werden, dann wird der Deutsche Leichtathletik-Verband nicht nur mit zwei Mannschaften im Juniorenbereich an der Startlinie stehen, sondern auch mit einer Frauen- und Männermannschaft. Einer jungen zudem. Und dies erstmals wieder seit den Anfängen im nordenglischen Alnwick und im belgischen Charleroi, denn in den Folgejahren in Oeiras, Ferrara und Velenje entschied man sich im DLV-Trainerstab gegen die Entsendung von Aktiventeams mangels sportlichen Perspektiven. Diese dürften gewiß auch in Malmö kaum auf Anhieb möglich sein, doch ein mutiger Ansatz mit vornehmlich jungen Athleten kann eine Hypothek auf die Zukunft sein. Vor allem dann, wenn Etablierte wie eine Irina Mikitenko nicht nur Disposition stehen oder andere wie der neue Titelträger Sebastian Hallmann an den gestellten Aufgaben noch reifen müssen.Wenn die Cross-Titelkämpfe in Wetter eines gezeigt haben, dann unter anderem die sich bereits bei den Rennen des Deutschen Cross-Cup 2000 in Köln und vornehmlich in Darmstadt abzeichnende Wachablösung im Langstreckenbereich. Auf dem gewiß selektiven Rundkurs mit vornehmlich Parkwege-Charakter auf dem Harkortberg schaffte nicht nur der mit Jahrgang 1977 als neuer Crossmeister einlaufende Sebastian Hallmann den Durchbruch, sondern dahinter attackierten die 25jährigen Michael Wolf, Oliver Mintzlaff und Carsten Schütz sowie der 23jährige Martin Beckmann mit Erfolg. Im Verbund mit dem im Cross-Cup bereits einschlägig erfolgreichen 22jährigen Mario Kröckert steht nun praktisch ein halbes Dutzend auf dem Sprung nach vorne. Was freilich auch not tut, schließlich ist der als Titelverteidiger ins Rennen gegangene Rainer Wachenbrunner bereits 38 Jahre alt, was freilich nicht die Leistung des stets vorbildlich rackernden Berliners schmälern sollte. Oder ein aus bekannten Gründen nicht verfügbarer Dieter Baumann auch schon 35 Jahre alt ist. Analogie der Entwicklung auch bei den Frauen: Die aus meisterschaftstaktischen Gründen in der Juniorenklasse startenden Susanne Ritter und Sabrina Mockenhaupt sind inzwischen so stark, daß sie auch in der Frauenklasse bei der Vergabe der Medaillen ein gewichtiges Wort hätten mitreden können. Ja sogar müssen, denn die Startfelder im Frauenbereich dünnen angesichts des sich auf breiter Front abzeichnenden Teilnehmerrückgangs durch den Anachronismus mit drei Wettbewerben für Frauen und Juniorinnen derart aus, daß hier der DLV an einer gründlichen Überarbeitung des Meisterschaftsprogrammes nicht mehr vorbei kommt.
Das liegt längst als Diskussionspapier einer aus mit dem Langstreckenlauf befaßten Trainern und Cross-Veranstaltern gebildeten Expertengruppe vor, nur gekümmert hat dies bislang noch niemand. "Spätestens nach den wiederum für zwei Tage konzipierten Cross-Meisterschaften in Regensburg werden wir die Reduzierung auf einen Veranstaltungstag in Angriff nehmen müssen" ist Hirsch fest entschlossen zu einer Veränderung, "bei vielen Vereinen werden wir aus wirtschaftlichen Gründen schon offene Türen einrennen!" Auch Josef Vahle, Mitglied des Bundesausschuß Wettkampforganisation und Verantwortlicher für das Kampfrichterwesen, sieht in einem gründlichen Revision der Crossmeisterschaften kaum entscheidende Hindernisse. Zumal Vahle zum Abschluß seiner langjährigen Verbandstätigkeit die Einführung der Chip-Zeitmessung auch für den Crosslauf als wichtige und zwingend notwendige Verbesserung ansieht, die eine Zusammenführung mehrerer Wettbewerbe ausgesprochen unterstützen würde. Die Vorteile nämlich liegen auf der Hand: Attraktive Starterfelder sind eher zuschauerfreundlich und dürften der eher langatmigen (Lauf-)Familienfeier einen gewaltigen Kick geben. Vorausgesetzt, die eingesetzte EDV geht mit den gestiegenen Anforderungen konform. "Es muß allerdings wirtschaftlich machbar sein", warnt Josef Vahle vor einer Kostenlawine, die weder Verband noch Ausrichter tragen kann.
Eine weitere Voraussetzung muß allerdings eine großfächige, crosstaugliche Strecke sein, die Massenstarts zuläßt und auch den Zuschauern den rechten Einblick gewährt. Darin nämlich unterschieden sich vor Ort an der Ruhr die Geister. "Das hat weder mit Cross noch etwas mit Zuschauerfreundlichkeit zu tun", wetterte Kurt Ring, der bereits in drei Monaten für die Organisation der deutschen Crossmeisterschaften in Regensburg verantwortlich zeichnet, "wir versprechen auf jeden Fall für Anfang März eine attraktive Strecke, die den Namen Cross verdient und komplett von den Zuschauern eingesehen werden kann!"
Wilfried Raatz
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